Die nord-/westdeutschen Sektionen treffen sich in Essen
2010 richtet das Ruhrgebiet und speziell die Stadt Essen das Fest der Europäischen Kulturhauptstadt aus.
Ein wichtiger Anstoß auch für die Eurojumelages, das diesjährige Treffen der nord- und westdeutschen Sektionen in Essen auszurichten und den Mitgliedern das Ruhrgebiet vorzustellen.
Schon auf der Anreise in den 1200 Jahre alten Essener Stadtteil Werden mitten im waldreichen Essener Süden, verblasste sicher bei vielen die Vorstellung vom „schmutzigen“ Ruhrgebiet. Die Unterkunft im Kardinal-Hengsbach-Haus mitten in einer Park- und Waldlandschaft auf den Höhen über dem Ruhrtal vertrieb die letzten Zweifel: das neue Ruhrgebiet ist grün.
Das Treffen begann am Freitagnachmittag, 28. Mai 2010 bei strahlendem Sonnenschein, der uns auch die folgende Tage begleitete, mit einer Besichtigung der 1200 Jahre alten Abteikirche in Essen-Werden. Die Klostergründung des hl. Ludgerus hat im Laufe ihrer 1000-jährigen Geschichte – das Kloster wurde 1803 während der Säkularisierung aufgelöst – wichtige Impulse für die Entwicklung des christlichen Abendlandes gegeben. Zahlreiche Handschriften und sakrale Geräte haben die Zeiten überdauert und schmücken Schatzkammern und Museen.
Nach der Besichtigung der imposanten Kirche schloss sich eine Kaffeepause in dem bekannten Essener Cafe Werntges an. Es wurde auch ein Stück „Werdener Appeltate“ serviert. Das Rezept der Apfeltorte wird seit Jahrhunderten in Werden weitergereicht. Es gibt sogar eine eigene „Appeltaten-Kirmes“ in Werden.
So gestärkt schloss sich ein Rundgang durch die Werdener Altstadt an. Glücklicherweise blieb Werden von Zerstörungen im 2. Weltkrieg weitgehend verschont und auch die Einstellung der Tuchfabrikation in den 60-Jahren des 20. Jahrhunderts beeinträchtigte das Stadtbild kaum. Viele historische Gebäude und Gassen machen den Charme des Ortes aus.
Ein Abend im Clubraum gab Gelegenheit für Gespräche. Nach einigen Startschwierigkeiten gelang es doch noch, einen Videofilm über Essen zu zeigen, der auf das Besichtigungsprogramm des nächsten Tages vorbereiten sollte.
Der folgende Samstag diente dem Kennenlernen der Region mittleres Ruhrgebiet. Mit dem Bus ging die Fahrt zunächst durch das idyllische Ruhrtal zur „Villa Hügel“, dem ehemaligen Wohnsitz der Industriellenfamilie Krupp. Das repräsentative Gebäude und der große umgebende Park geben einen Eindruck von der wirtschaftlichen Macht der „Ruhrbarone“, die das Ruhrgebiet und seine Einwohner über 100 Jahre unverwechselbar prägten. Heute ist die Villa Hügel ein Denkmal, das für ein Museum der Firma Krupp und vielfältige kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Durch Sponsoring der großen Energie- und Stahlkonzerne, die noch heute ihre Zentralen in Essen betreiben, finden hier Ausstellungen statt, die europaweit ihre Besucher anziehen.
Die Fahrt führte weiter zum Essener Stadtteil Margarethenhöhe. Die „Gartenstadt“ ist eine Stiftung der Ehefrau des Firmeninhabers, Margarethe Krupp. Sie ist eine von vielen Wohnsiedlungen, die die Firma Krupp für ihre Arbeiter, Pensionäre und deren Familien in Essen errichten ließ. Der gute und preiswerte Wohnraum war ein großer sozialer Fortschritt. Er diente natürlich auch der Bindung der Arbeiter an die Firma Krupp. Bis heute ist die Margarethenhöhe eine bevorzugte Wohngegend in Essen.
Das nächste Ziel war die sogenannte Weststadt. Hier wird auf ehemaligem Werksgelände der Gußstahlfabrik Krupp ein neuer Stadtteil errichtet. Um die neue Konzernzentrale der Thyssen-Krupp AG ist ein Park mit Erholungsbereichen und einem See entstanden. Für die kommenden Jahre ist die Errichtung von Wohnraum hier und auf einem ehemaligen Güterbahnhof in der Nähe vorgesehen. Dadurch soll städtebaulich eine Wiederbelebung der Essener Innenstadt mit Wohnbevölkerung erreicht werden.
Zum Mittagessen besuchten wir das „Unperfekthaus“ in der Essener Innenstadt. Das Unperfekthaus hat im Erdgeschoß ein Restaurant und Ruheecken. In den Obergeschossen haben Künstler Ateliers angemietet, denen man als Besucher auch bei der Arbeit zusehen kann. Die Preise sind günstig und pauschalisiert. Deshalb findet man hier eine ungewöhnliche Mischung des Publikums, von Schülern die dort ihre Freistunden verbringen, bis zum Banker der sein Mittagessen einnimmt oder in Ruhe telefoniert.
Am Nachmittag war das Besuchsziel der „Gasometer Oberhausen“, ein zylinderförmiges Stahlgehäuse mit einer Höhe von 119 m und ca. 50 m Innendurchmesser.
Der Gasometer ist ein Industriedenkmal und gehörte zu den Thyssenstahlwerken, auf dessen Grundstück heute das riesige Einkaufs- und Freizeitzentrum „Neue Mitte Oberhausen“ existiert. Er wird für Wechselausstellungen genutzt, die die Besonderheiten dieses riesigen Raumes erfordern. Z.Zt. werden dort Modelle und Fotos aus der Weite des Weltalls gezeigt. In der Mitte hängt ein riesiges Modell unseres Mondes. Mit einem Glasaufzug kann man im Inneren zum Dach hinauffahren und hat von dort einen weiten Blick über das Ruhrgebiet.
Letzte Station des Tagesausflugs war der Essener Grugapark, der als Garten- und Erholungspark für die Bürger schon seit 1929 eine wichtige Funktion in Essen erfüllt. Eine Rundfahrt mit der Grugabahn vermittelte einen Blick auf die Größe und Vielfalt des Parks.
Nach den vielen Eindrücken war ein ruhiger Tagesausklang im Kardinal-Hengsbach-Haus mit Buffet, Getränken und vielen ´Gesprächen der Jumeleure ein gelungener Abschluss.
Hierbei wurden durch Reinhard Moll auch die Sektionen Wuppertal und Bochum/Dortmund für ihr 25-jähriges Bestehen vom Bundesvorstand geehrt.
Am nächsten Morgen, einem Sonntag, fuhren wir in die Essener Innenstadt. Zunächst ließen wir uns mit dem Aufzug in das 19.Stockwerk des Essener Rathauses bringen. Der Blick schweifte noch einmal weit über das Ruhrgebiet und unsere Fremdenführerin erklärte einiges über die Stadt Essen und ihre Geschichte.
Danach besichtigten wir das nahe gelegene Essener Münster, die Keimzelle der Stadt Essen seit 852 n.Chr. Das Münster war Teil eines Klosterstiftes für Damen aus höchsten Kreisen des deutschen Kaiserreichs. Die Äbtissin hatte den Rang einer Reichsfürstin, nur dem Kaiser unter geordnet. Das Stift hinterließ uns ein reiches kulturelles Erbe. Einen Teil davon, die „goldene Madonna vom guten Rat“ – die älteste Marienplastik des Abendlandes – das Westwerk und die Schatzkammer des Münsters konnten wir uns ansehen.
Danach erfolgte der Aufbruch in die Heimatorte, ich glaube mit vielen neuen Eindrücken über die Region Ruhrgebiet und mit der Freude sich wieder einmal mit anderen Jumeleuren getroffen und ausgesprochen zu haben.
Wir danken auch der Sektion Neustadt a.d.W., die sich bereit erklärt hat, in der Tradition dieser Treffen im Jahre 2011 die Organisation zu übernehmen.
Sektion Bochum/Dortmund
Wolfgang Radermacher im Mai 2010